Interview mit Leonhard F. Seidl, Autor des Kriminalromans "Genagelt":

Lesen Sie hier das Exklusivinterview der Freunde des Wetterpilzes mit Leonhard F. Seidl, dem Autor des weltweit ersten Kriminalromans rund um einen Wetterpilz. Geführt Juli 2014 von Klaus Herda:
Herr Seidl,
erst mal vielen Dank für Ihre Bereitschaft, den Freunden des Wetterpilzes mit diesem Interview Einblick in die Hintergründe Ihres literarischen Schaffens zu gestatten. Wir sind sehr gespannt und aufgeregt, Sie als den ersten Autor eines Krimis rund um einen Wetterpilz zu treffen.
Sowohl in Ihrem Roman "Mutterkorn" als nun auch im Roman "Genagelt" stehen Pilze im Zentrum des Geschehens. Ist dies Zufall oder Absicht?
Seidl: (Lacht) Das war natürlich Absicht. Für die einen gehören Pilze in das Reich der Märchen, andere fürchten oder bewundern sie wegen ihrer Gift-, Drogen oder Heilwirkung.
Haben Pilze für Sie auch eine besondere ästhetische oder literarische Bedeutung?
Seidl: Interessant finde ich, wie sich Pilze als Zellkollektiv verhalten, wenn von außen eingegriffen, einer der Pilze entfernt oder beschädigt wird. Sie reagieren darauf, da sie einen Organismus bilden. Halluzinogene Pilze entführen die Menschen seit Jahrhunderten in andere, fremde Welten. Sie können Horizonte erweitern, aber auch eine ewige Verdammnis hervorrufen, oder anders ausgedrückt, eine irreversible psychische Krankheit. Darum geht es auch in Mutterkorn.
Als Autor versuche ich die Menschen in fremde Welten zu entführen. Allerdings ist mir nicht bekannt, dass der Konsums einer meiner Geschichten einen Psychiatrieaufenthalt nach sich gezogen hätte.
Das kann ich mir auch nicht vorstellen. In Ihrem neuen Roman "Genagelt" ist der wunderbare Dorfener Schwammerl im Fliegenpilz- Stil Ausgangspunkt und Tatort. Wann und wie sind Sie als erster Autor auf die Idee gekommen, einem Wetterpilz in einem Roman ein Denkmal zu setzen?
Seidl: Der "Schwammerl" steht seit Jahrzehnten für den Widerstand gegen die Isentalautobahn. Da die Isentalautobahn und der Widerstand dagegen Thema meines Kriminalromans sein sollten, bot es sich an, die Opfer dort zu ermorden. Auf die Idee kam ich, als ich begann, die Geschichte Anfang 2011 zu entwickeln.
Sie stammen ja aus dem Isental. Können Sie sich noch an Ihre erste Begegnung mit dem Dorfener Wetterpilz erinnern?
Seidl: Leider nein. Vermutlich war ich dafür noch zu klein.
Haben Sie das Hin und Her um die Isental-Autobahn selber verfolgt oder bekommt man davon in Nürnberg nicht viel mit?
Seidl: Ich habe den Kampf gegen die Autobahn mehr oder weniger kontinuierlich verfolgt. Dank meiner häufigen Besuche vor Ort und meiner Familie, die immer noch dort lebt, war ich immer bestens informiert. Und dann gibt es ja da noch so Dinge wie Zeitungen und das Internet. Dort soll es auch ein sehr informatives Portal über Wetterpilze geben.
Oh, vielen Dank. Trotz dieser ganzen Proteste wird die Isental Autobahn nun auch in Dorfen gebaut -und hier im fernen Köln bekommt man nicht viel vom Schicksal des Dorfener Schwammerls mit. Wie sieht es vor Ort aus? Weit ist der Schwammerl von der Trasse entfernt? Ist er von den Bauarbeiten direkt betroffen?
Seidl: Vor Ort sieht es grauenhaft aus, auch wenn über die Baustelle teilweise schon wieder Gras gewachsen ist. Aber Teile des Isentals, eine über Millionen Jahre gewachsene Kulturlandschaft, sind unwiederbringlich zerstört. Auch zu einem monetär betrachtet sehr hohen Preis. Die Alternative zur Isentaltrasse, der Ausbau der B12 hätte 300 Mill. gekostet. Laut der Autobahndirektion Süd, wird der Bau der A94 1,3 Milliarden betragen. Wenn man so möchte, habe ich der Landschaft in Genagelt ein Denkmal gesetzt, falls das überhaupt möglich ist. Der Schwammerl steht noch, umzäunt von mit wütenden Parolen besprühten Latten. (Siehe Bild) Zeitweise befand sich um ihn herum nur noch Mondlandschaft. In seiner unmittelbaren Nähe wird eine Autobahnbrücke verlaufen, LKW's und Autos werden Tag und Nacht vorüberdonnern. Somit gibt es keine Nacht mehr.
Meine Tante, mitlerweile über 80, wusste zu berichten, dass schon zu ihrer Kinder- und Jugendzeit der Kölner Wetterpilz in ihrer Nähe Treffpunkt heimlicher Liebender war. Wie steht es mit dem Dorfener Schwammerl, war er früher auch ein solcher Treffpunkt? 
Seidl: Natürlich war der Dorfener Schwammerl schon immer ein Treffpunkt verschiedenster Art. Dort hat es gefunkt, sind Kinder entstanden, Ehen in die Brüche gegangen, Feierabendbiere getrunken worden. Allerdings war ich nicht immer dabei.
Ja, man kann leider nicht überall sein. Wie sehen Sie seine Zukunft und die Zukunft Dorfens und der Region überhaupt?
Seidl: In Dorfen und Umgebung wird der Kampf ums Land, vor allem unter den Landwirten, sich weiter verstärken. Aufgrund der steigenden Grundstückspreise. Logistikunternehmen werden sich ansiedeln, Schadstoffbelastung und Lärm zunehmen. Aber da Fragen Sie mal lieber einen Fachmann, ich bin mehr der Mann fürs Grobe. Zumindest in den Krimis.
Obwohl das ein sehr feiner Krimi ist. Sie arbeiten in "Genagelt" im Genre des Krimis, einer Form, die sich im Gegensatz zu anderen literarischen Formen immer noch großer Beliebtheit erfreut. Können Sie sich vorstellen, auch einmal das Wagnis einzugehen und ein spannendes Märchen zu schreiben - dort wären Wetterpilze doch sicherlich dankbare Kandidaten?
Seidl: Natürlich. Vielleicht treffe ich ja mal die Raupe von Alice im Wunderland, die auf dem Pilz sitzt und ihre Wasserpfeife raucht. Dann könnte schon etwas entstehen.
Das klingt sehr entspannt. Können Sie uns schon was zu Ihren neuen Aktivitäten verraten?
Seidl: Ich arbeite an dem zweiten Teil von "Genagelt", der wieder in Oberbayern spielen wird. Darin geht es um den Kampf ums Land, vor allem unter den Landwirten. Vermutlich werde ich dem Schwammerl eine Gastrolle einräumen.
Das hören die Freunde des Wetterpilzes natürlich gerne. Was hat es eigentlich mit Ihrer Internetseite www.TextArtelier.de auf sich?
Seidl: Auf der Internetseite TextArtelier berichte ich über meine Arbeit. So veröffentliche ich Satiren, Prosa und Kurzkrimis in Tageszeitungen, Magazinen und Anthologien. Außerdem sind dort Pressestimmen zu meinen Romanen nachzulesen, Preise, die ich erhalten habe und die Termine meiner Lesungen und Schreibwerkstätten, die ich seit Jahren durchführe. Und wer möchte, kann auch gleich noch erfahren, was das für ein pilzfanatischer Mensch ist, der diese Geschichten schreibt.
Möchten Sie den "Freunden des Wetterpilzes" noch etwas auf dem Weg geben?
Seidl: Laßt uns daran arbeiten, die negative Konnotation des Sprichworts zu verändern: Denn auch spannende, tiefgründige und humorvolle Geschichten schießen wie Pilze aus dem Boden. Was sie nicht schlechter macht.
Das ist doch ein gutes Schlusswort. Vielen Dank für dieses Interview. Es hat uns sehr viel Spaß gemacht Sie kennen zu lernen und mit Ihnen zu sprechen. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg bei diesem und weiteren Werken und hoffen, dass Sie dem Wetterpilz treu bleiben.
Seidl: Auch ich bedanke mich für das Gespräch und hoffe, dass Sie meinen Büchern und Geschichten treu bleiben.
Natürlich - "Genagelt" ist übrigens im EmonsVerlag erschienen und kostet 10,90 EUR.
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Tatort Schwammerl

Der Dorfener Schwammerl ist so eine Art Dreh- und Angelpunkt in diesem Krimi. Er muss dort gleich zweimal als Tatort herhalten.
Und die Freunde des Wetterpilzes sind stolz und hoch erfreut, dass sich der mittlerweile in Nürnberg lebende Autor spontan für ein exklusives Interview über Pilze und Literatur zur Verfügung gestellt hat.



"Genagelt"-Autor L. F. Seidl.
        (Foto: Katrin Heim)

Sein Krimi mit dem Titel "Genagelt", der 2014 im Emons Verlag erschienen ist, ist das erste literarische Werk rund um einen Wetterpilz. Grund genug, dem Autor die Ehrenmitglidschaft bei den Freunden des Wetterpilzes zu verleihen.

(Ach ja. Wer jetzt wissen möchte, wer wen oder was woran genagelt hat oder worden ist, der sollte sich den Krimi mal zur Brust nehmen). Es war einmal ein kleiner Wetterpilz in einem bayerischen Dorf namens Dorfen, der als Symbol für den 30 jährigen Kampf gegen eine große Autobahn in die Geschichte eingegangen ist. Das traurige Ende dieser Geschichte: der Kampf konnte nicht gewonnen werden und das Isental ist damit dem Untergang geweiht.

Doch der aus dem Isental stammende Autor Leonhard F. Seidl hat 2014 mit seiner Geschichte -einem Kriminal- Roman, der Gott sei Dank übrigens ganz ohne Schüsse auskommt- dem alten Isental nun ein wunderbares literarisches Denkmal gesetzt:



         Emons-Verlag 2014